Entwicklung des Luftfrachtverkehrs
Das Flugzeug wurde bereits in der Mitte der 1910er Jahre als Transportmittel für Briefe und Päckchen genutzt. Bis in die zweite Hälfte des vergangenen Jahrhunderts wurden aufgrund der technischen Gegebenheiten vor allem leichte Güter, Dokumente und Postsendungen durch Europa geflogen. Erst mit Eintritt in das Düsenjetzeitalter begann die Luftfracht sich als der leistungsstarke Transportmodus zu etablieren, den wir heute tagtäglich erleben. Die Abbildung 1 zeigt exemplarisch die Entwicklung des deutschen Luftfrachtaufkommens seit 1950.
Im Jahr 2004 wurde auf deutschen Flughäfen etwa 200 Mal soviel Fracht umgeschlagen wie noch im Jahr 1950. Besonders bemerkenswert ist hierbei, dass bis auf die Ölkrisen in den Siebziger Jahren nichts – auch nicht der Terroranschlag auf das World Trade Center – das Wachstum der Luftfracht über einen längeren Zeitraum nachhaltig dämpfen konnte. Vergleichbares gilt auch für das in Abbildung 2 dargestellte weltweite Luftfrachtwachstum.
In ihren Gutachten gehen Boeing (2006b, S. 6), Airbus (2005, S.2) und Merge Global (2005) weltweit von einem weiterhin starken Wachstum aus, welches deutlich oberhalb des Passagierverkehrwachstums liegen wird. Im aktuellen World Air Cargo Forecast prognostiziert Boeing für die nächsten 20 Jahre eine Zuwachsrate von jährlich 6,1% und damit mehr als eine Verdreifachung bis 2025 (s. Abbildung 3). Abbildung 4 zeigt, dass der Motor dabei vor allem der asiatische Markt und insbesondere China mit über 11% sein wird. Hier entsteht aufgrund des starken Wirtschaftswachstums eine große Nachfrage nach Luftfracht, welches sich in einem überdurchschnittlichen Wachstum widerspiegelt.
Die Bedeutung des innereuropäischen Gesamtaufkommens (in FTKF) ist im Vergleich zum nordamerikanischen und asiatischen Markt nur sehr gering (Abbildung 5). Darüber hinaus wird in Zukunft nur ein unterdurchschnittliches Wachstum erwartet. Stattdessen wird der Lufttransport von Gütern aus und nach Asien in den nächsten Jahren stark zunehmen. In Abbildung 5 sind die globalen Luftfrachtverflechtungen der maßgeblichen Regionen und die intraregionalen Luftfrachtbewegungen nach transportierten Frachttonnenkilometer (FTKF) abgebildet.
Aus den genannten Prognosen wird die zunehmend substantielle Relevanz der Luftfracht in der Weltwirtschaft offensichtlich (Bjelicic, 2001, S.1). Der europäische Binnenluftfrachtmarkt ist allerdings aufgrund der relativ geringen geographischen Ausdehnung und des gut ausgebauten Fernstraßennetzes durch eine starke Substitutionskonkurrenz zu bodengebundenen Transportmitteln gekennzeichnet, wodurch sich die niedrigen Zuwachsraten bei der Standardfracht erklären lassen können. Im Gegensatz dazu ist in Zukunft mit einem jährlich zwölfprozentigen Wachstum im Bereich von Expresssendungen zu rechnen (Boeing, 2006b, S. 48).
Das Wachstum eines Marktes ist ein Spiegel der ökonomischen, technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Globalisierung, internationaler Arbeitsteilung, zunehmender Handel, veränderten Beschaffungs- und Distributionsstrategien (z.B. Just-in-Time Produktion), Fortschritt in der Flugzeugtechnologie und zunehmende Deregulierung auf vielen Verkehrsmärkten haben diese Entwicklung beeinflusst (u.a. Grandjot, 2002, S.2; Ihde, 2001, S. 180ff). Wir werden diese Aspekte im nächsten Kapitel im Detail verfolgen.