Luftfrachtspeditionen

Luftfrachtspediteure sind im Luftfrachtgeschäft von großer Bedeutung. In der klassischen Luftfracht sind sie die eigentlichen Anbieter der  Luftfrachtleistungen. Über 90% der von Airlines beförderten Luftfracht werden von IATA-Spediteuren abgewickelt. In dieser Funktion übernehmen sie die Organisation der gesamten Transportkette vom Versender zum Empfänger. Dies beinhaltet den Vor- und Nachlauf ebenso wie den Hauptlauf. Die eigentliche Transportleistung erfolgt dabei im Seltbsteintritt oder in der Beauftragung eines Frachtführers (zumeist Letzteres). Der zunehmende Wunsch der verladenen Wirtschaft nach kompletten Logistkdienstleistungen im Sinne eines “One Stop Shoppings“ zwingt viele Spediteure zur Anpassung. Die reine Transportabwicklung reicht in der Regel nicht mehr aus, um im zunehmenden Wettbewerb mit den Integratoren bestehen zu können – gefragt sind vor allem fundierte Industriekenntnis sowie globale, integrierte und auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittene Door-to-door-Transport- und Logistiklösungen. So entwickeln sich viele Speditionen zu sog. 3PL-Providern[1] und übernehmen die Verantwortung für viele zusätzliche Leistungen zur Organisation von logistischen Ketten (Value Added Services) (Vahrenkamp, 2005, S. 47f.). Relativ neu ist die Formierung von 4PL-Logistikern, die für ihre Kunden über Koordination verschiedener Logistik- und Transportdienstleister eine Effizienzsteigerung der gesamten Supply-Chain zu erzielen versuchen. Die Branche ist eine heterogene Gruppe mit Unternehmen stark variierender Größe und Strategien. Allaz (2002, S. 73 ff.) unterscheidet sechs Gruppen von Luftfrachtspeditionen. Für die Zwecke dieser Analyse ist die Einteilung in drei Kategorien allerdings ausreichend.

 

Multinationale Speditionen sind global ausgerichtet und ein signifikanter Anteil des Umsatzes wird außerhalb des Heimatmarktes erwirtschaftet. Die Umsätze aus dem Geschäft mit IATA-Fluggesellschaften übersteigen 500 Millionen US-Dollar. Aufgrund der Größe verfügen diese Spediteure über große Marktmacht. In diesen Definitionsrahmen fallen nur wenige Spediteure, zumal in den vergangenen  Jahren zahlreiche Akquisitionen stattgefunden haben: Exel*, Danzas*, Schenker, BAX-Global*, Panalpina, Kuehne + Nagel, Nippon Express, Expeditors, UTi, EGL, sowie die Integratoren DHL und UPS.[2] Die Integratoren hier zu berücksichtigen ist zwar etwas unscharf, aber notwendig, denn durch Zukäufe von namenhaften Speditionsfirmen sind die Expressdienstleister auch ins klassische Speditionsgewerbe eingetreten und haben damit den Wettbewerb um Marktanteile zu verschärft. So hat die Deutsche Post World Net die Speditionstochter DHL Global Forwarding gegründet und im Jahr 2000 Danzas Air & Ocean und 2005 den britischen Branchenprimus Exel übernommen und in die Konzerntochter eingegliedert. UPS hat seine Kompetenzen durch die Übernahme von Arthur Fritz und 2005 durch den Zukauf des US-Logistikers Menlo-Worldwide erweitert. Auch FedEX hat seine Kompetenzen mit dem Zukauf der Tower Group International im Jahr 2000 ausgeweitet (Armbruster, 2003). Die Deutsche Bahn hat wiederum über ihre Logistiktochter DB Logistics Schenker akquiriert, die selber erst BAX-Global gekauft hatten. Die Konzentration im Speditionsgewerbe bleibt nicht ohne Einfluss auf die Fluggesellschaften und die Branche insgesamt, denn mit zunehmender Verhandlungsmacht der Agenten kann der Druck auf die Yields der Airlines weiter ansteigen. Diese Aussage wird später in 4.4.1 noch weiter erläutert werden.

 

Große nationale und mittelgroße internationale Agenten befinden sich in der zweiten Kategorie mit Umsätzen zwischen 100-500 Millionen US-Dollar und haben neben ihrem nationalen Schwerpunkt intensive Auslandsaktivitäten. Geologistics (USA), SDV (Frankreich), ABX (Belgien), Hellmann Worldwide Logistics (Deutschland) sind dieser Kategorie zuzuordnen.

 

Nationale und Nischenanbieter gehören einer dritten und vierten Kategorie an und sind hauptsächlich auf ihren Heimatmarkt bzw. auf ein bestimmtes Geschäftssegment  fokussiert. Die Größe reicht von Kleinbetrieben bis zu Spediteuren mit mehreren Millionen US-Dollar Umsatz. Größere Speditionskonzerne verfügen ebenfalls häufig über Spezialabteilungen (z. B. Gefahrguttransporte, Tiertransport usw.). Tabelle 2 gibt einen Überblick über die größten europäischen Luftfrachtspediteure. Bis auf SDV, die einen sehr starken Frankreichbezug haben, stammen alle Unternehmen aus der ersten Kategorie.

Tabelle 2: Rangfolge der zehn größten Luftfrachtspediteure in Europa im Jahr 2005[3]

Rang 2005

Rang Vorjahr

Unternehmen

Land

Umsatz Mio. USD (in Europa)

1

1

DHL Global Forwarding

Deutschland

552,88

2

4

Kühne + Nagel

Deutschland

309,21

3

2

Schenker

Deutschland

304,56

4

3

Exel

England

294,98

5

5

Panalpina

Schweiz

219,57

6

6

SDV

Frankreich

178,44

7

8

Expeditors

USA

97,32

8

7

Uti Worldwide

USA

86,13

9

10

BAX-Global

USA

82,95

10

-

Nippon Express

Japan

79,39

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: Maruhn (2006)

 

Im Jahr 2006 wird DHL seine dominierende Stellung in Europa durch den abgeschlossenen Zukauf von Exel weiter ausbaut haben. Abgesehen von Frankreich wird DHL Global Forwarding in allen führenden europäischen Luftfrachtländern der Marktführer werden. An zweite Stelle rückt die Deutsche Bahn-Tochter Schenker, die sich mit dem Zukauf von BAX-Global verstärkt hat und Kühne + Nagel auf den dritten Rang verweisen wird. Kühne + Nagel ist damit der letzte Multinationale Spediteur der nicht in der Hand eines Integrators ist. Durch die Firmenzusammenschlüsse werden die amerikanischen Unternehmen UPS und EGL in die Top 10 Europas aufsteigen. Der Integrator UPS wird seinen erstmaligen Einstand mit prognostizierten 100 Millionen US-Dollar Umsatz auf Platz 8 feiern, EGL kehrt auf Platz 10 in die Rangliste der Top 10-Speditionen zurück (Maruhn, 2006).

 


[1]           3PL steht für Third Party Logistics.

[2]           Die mit einem Stern markierten Unternehmen sind nicht mehr unter eigenem Namen am Markt aktiv.

[3]           Durch Merger wird sich dieses Bild für 2006 verändern.