Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft

 
 
 
 
 

Vom Hilfsarbeiter zur Fachkraft

Ungelernte und gering qualifizierte Berufstätige sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt beruflich benachteiligt. Die Externenprüfung schafft hier Abhilfe, indem sie für mehr berufliche Chancengleichheit sorgt. Sie ermöglicht auch Arbeitnehmern ohne klassische Berufsausbildung den Erwerb eines formalen, staatlich anerkannten Ausbildungsabschlusses und eröffnet ihnen im Arbeits- und Berufsleben viele neue Job- und Karriereperspektiven.

Die Berufsausbildung – die Grundlage für beruflichen Erfolg und Aufstieg

Der Weg zu Erfolg in Beruf und Karriere ist in einer modernen Informationsgesellschaft wie Deutschland vorbestimmt. Das Zauberwort dafür heißt berufliche Qualifizierung. Eine erfolgreich abgeschlossene, staatlich anerkannte Berufsausbildung ist im heutigen Arbeitsleben das A und O für das Erreichen von Berufs- und Karrierezielen - und damit auch für die Teilhabe am öffentlichen Leben und soziales Prestige.

Im Gegensatz dazu haben ungelernte und gering qualifizierte Arbeitnehmer ohne eine  abgeschlossene, in Deutschland anerkannte Berufsausbildung im Berufsleben das Nachsehen. Sie haben es auf dem hart umkämpften, dynamischen Arbeitsmarkt sehr schwer, erfolgreich Fuss zu fassen und sich gegenüber ihrer Konkurrenz zu behaupten. Sie haben kaum Zugang zu besseren Job-, Karriere- und Gehaltsangeboten und damit auch kaum Möglichkeiten für den gesellschaftlichen Aufstieg und für die Verbesserung ihres persönlichen Ansehens. Deshalb können sie oftmals nicht in demselben Maße wie qualifizierte Berufstätige von der beruflichen Chancengleichheit profitieren, die der Arbeitsmarkt bietet und riskieren eine gesellschaftliche Ausgrenzung.

Die Externenprüfung – berufliche Chancengleichheit für geringqualifizierte Arbeitnehmer

Aber soviel berufliche Ungerechtigkeit und soziale Benachteiligung muss nicht sein. Es geht zum Glück auch anders. Der Gesetzgeber hat nachgebessert und für mehr Chancengleichheit im Berufsleben gesorgt. Ungelernte und gering qualifizierte Arbeitnehmer ohne klassische Berufsausbildung, die aber einschlägige Berufserfahrung besitzen, haben in Deutschland die Möglichkeit der beruflichen Nachqualifizierung. Sie können im Rahmen der sogenannten Externenprüfung (Externenregelung) zu einem späteren Zeitpunkt bei einer Abschluss- oder Gesellenprüfung einen formalen, staatlich anerkannten Berufsabschluss nachholen - und damit ihre Job-, Karriere- und Gehaltschancen erheblich verbessern. Auf diese Weise können sie einen formalen Berufsabschluss erwerben, ohne dafür extra eine mehrmonatige oder -jährige Umschulung ohne Berufsausbildung durchlaufen zu müssen.

Die Beliebtheit der Externenregelung als alternativer beruflicher Bildungsweg in Deutschland ist statistisch belegt. Nach dem Berufsbildungsbericht, der vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) schon seit dem Jahre 1977 jedes Jahr veröffentlicht wird, haben im Jahre 2014 in Deutschland insgesamt 33.000 Personen im Rahmen der Externenregelung an beruflichen Abschlussprüfungen teilgenommen, was einem Anteil von insgesamt 6,2 % aller Prüfungsteilnehmer entspricht. Von den insgesamt 33.000 Teilnehmern bestanden insgesamt 79,8 % die Prüfungen.

In den letzten jahren haben auch immer mehr private und öffentliche Aus- und Weiterbildungsinstitute die hohe Nachfrage nach der Externenprüfung und ihre Bedeutung als berufliches Sprungbrett für ungelernte und gering qualifizierte Arbeitnehmer erkannt und auf diesen neuen Arbeitsmarkttrend reagiert. Inzwischen haben viele Bildungsträger ihr umfangreiches berufliches Aus- und Weiterbildungsprogramm um die entsprechenden Kurse und Seminare erweitert und bieten Berufstätigen Vorbereitungskurse zur Externenprüfung für die unterschiedlichsten Ausbildungsberufe an. Arbeitnehmer können staatliche Förderangebote für diese Vorbereitungskurse nutzen. So können die Kosten für einen Vorbereitungskurs z.B. durch einen von der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter ausgestellten Bildungsgutschein bis zu 100 % finanziell gefördert werden.

Im Folgenden erhalten Sie eine Übersicht über die Vorteile, die die Externenregelung für geringqualifizierte Arbeitnehmer im Rahmen der beruflichen Nachqualifizierung bietet.

Rechtliche Grundlagen der Externenprüfung

Die rechtliche Grundlage für die Externenprüfung bilden § 45 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) und § 37 der Handwerksordnung (HwO). Der Begriff „Externenprüfung“ ist allerdings kein juristischer, sondern ein umgangssprachlicher Begriff, der verwendet wird, um „externe“ Prüflinge von regulären Auszubildenden im Sinne des klassischen dualen Ausbildungssystems zu unterscheiden. Im BBiG und in der HwO wird in diesem Zusammenhang die Formulierung „Zulassung zur Abschlussprüfung in besonderen Fällen“ verwendet.

Egal, ob im kaufmännischen oder Speditions-Bereich - eine Externenprüfung ist einer Abschlussprüfung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf rechtlich gleichgestellt. Der einzige Unterschied besteht darin, daß Absolventen einer regulären Abschlussprüfung in dem angestrebten Beruf vorher eine klassische Berufsausbildung durchlaufen haben und Absolventen einer Externenprüfung nicht.

Zulassungsvoraussetzungen für die Externenprüfung

Berufstätige müssen für die Teilnahme an der Externenprüfung bestimmte formale Zulassungsvoraussetzungen erfüllen. Diese sind ebenfalls in § 45 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) und in § 37 der Handwerksordnung (HwO) juristisch geregelt.

Für die Zulassung zur Externenprüfung müssen Arbeitnehmer nachweisen, dass sie mindestens das Eineinhalbfache der vorgeschriebenen Ausbildungszeit in dem Beruf gearbeitet haben, in dem sie die Prüfung ablegen möchten. Als ebenfalls anrechenbare Zeiten der Berufstätigkeit gelten auch Ausbildungszeiten in einem anderen einschlägigen Ausbildungsberuf und Zeiten der Berufstätigkeit im Ausland. Neben einer Mindestanzahl an Berufsjahren im angestrebten Beruf gilt auch der Nachweis einer beruflichen Handlungsfähigkeit durch entsprechende Zertifikate der beruflichen Qualifizierung als eine gültige Zulassungsbedingung für die Externenprüfung.

Organisation, Ablauf, Anforderungen und Inhalte von Externenprüfungen

Die Anforderungen und Bewertungsrichtlinien einer Externenprüfung sind mit denen einer regulären Abschlußprüfung desselben Berufs identisch. Sowohl für eine reguläre Abschlussprüfung als auch für eine Externenprüfung gelten dieselben formalen Zulassungsvoraussetzungen und Prüfinhalte. Diese richten sich in beiden Fällen nach den rechtlichen Bestimmungen der jeweils zuständigen beruflichen Institutionen wie der Industrie- und Handelskammern (IHK) und Handwerkskammern und sind in den Ausbildungsverordnungen der einzelnen Ausbildungsberufe rechtlich festgelegt. Wie reguläre Abschlussprüfungen, so umfassen auch Externenprüfungen  theoretische und fachpraktische Anteile.

Externenprüfungen werden normalerweise zweimal im Jahr, nämlich im Sommer (1. August) und im Winter (1. Februar), von den Industrie- und Handelskammern (IHK) und Handwerkskammern organisiert. Die genauen Termine sind in den Prüfungsordnungen der jeweiligen Ausbildungsberufe festgelegt. Reguläre Abschlussprüfungen und Externenprüfungen werden in der Regel gemeinsam abgelegt. Die Externenprüfungen werden von den Prüfungsausschüssen oder den Berufsinnungen der jeweiligen Ausbildungsberufe abgenommen.

In der Regel sind Externenprüfungen gebührenpflichtig. Die von den Industrie- und Handelskammern (IHK) und Handwerkskammern erhobenen Prüfungsgebühren können sehr unterschiedlich sein. Diese richten sich nach dem jeweiligen Ausbildungsberuf und dessen Abschlussprüfung und sind in den Gebührenordnungen der Industrie- und Handelskammern (IHK) und Handwerkskammern aufgelistet. Die Kosten für eine Externenprüfung bei den Industrie- und Handelskammern (IHK) belaufen sich - je nach Bundesland und Ausbildungsberuf – auf 100 Euro und 500 Euro. Bei Gesellenprüfungen können außerdem auch noch zusätzliche Materialkosten anfallen.

Anmeldung für die Zulassung zur Externenprüfung

Anmeldungen für die Zulassung zur Externenprüfung müssen bis sechs Monate vor dem gewünschten Prüfungstermin bei den Industrie- und Handelskammern (IHK) und Handwerkskammern eingereicht werden. Zu den erforderlichen Anmeldeunterlagen gehören in der Regel ein schriftlicher Antrag auf Prüfungszulassung, ein tabellarischer Lebenslauf, ein Schulabschlusszeugnis und Nachweise über die beruflichen Tätigkeiten und Qualifizierungen wie Arbeitszeugnisse und -verträge oder Gewerbeanmeldungen bei Selbstständigen. Als weitere Anmeldeunterlagen können z.B. Nachweise über absolvierte berufliche Qualifizierungsmaßnahmen in dem angestrebten Ausbildungsberuf oder Nachweise über Ausbildungszeiten in einem anderen einschlägigen Ausbildungsberuf, über Zeiten der Berufstätigkeit im Ausland oder über ausländische Bildungsabschlüsse beigefügt werden.